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Andreas Gabalier im Interview mit Musikmarkt: "Ich schwimme nicht mit der Masse" |
Posted by admin (admin) on 23.05.2015 at 01:26 |
Andreas Gabalier im Interview mit Musikmarkt: "Ich schwimme nicht mit der Masse"
Er ist immer noch der Volksrock'n'Roller: Andreas Gabalier (Foto: Michael Mey)
München - Volksrock'n'Roller oder Mountain Man? Andreas Gabalier sorgt derzeit nicht nur mit zwei verschiedenen Spitznamen für Schlagzeilen. Im Vorfeld der Veröffentlichung seines neuen Albums "Mountain Man" (Electrola/Universal) erntete der Steirer teils scharfe Kritik. Wie er mit dem Druck umgeht, welchen Spitznamen er jetzt nun bevorzugt und was er eigentlich von Streaming hält, verriet er im Interview mit "musikmarkt".
musikmarkt: Welcher Spitzname ist dir jetzt eigentlich lieber, Volksrock'n'Roller oder Mountain Man?
Andreas Gabalier: Volksrock'n'Roller. Klar, man liest Mountain Man jetzt immer häufiger als Spitznamen, aber das war eigentlich nur eine Spinnerei. Nach den Aufregern in den letzten Wochen, also seit der Formel eins, habe ich überlegt, was machen wir jetzt mit dem Album? Nicht, dass das jetzt medial untergeht. Aber ich bin schon immer noch der Volksrock'n'Roller.
musikmarkt: Der Eröffnungssong des neuen Albums heißt "We Salute You". Beim AC/DC-Song wird noch die Einschränkung "For Those About To Rock" vorausgeschickt. Wem gilt dein Salut? Muss es bei dir heißen: "For Those About To Volksrock"?
Andreas Gabalier: (lacht) Wir eröffnen seit drei Jahren die Tourneen mit dem Titel "Volksrock'n'Roller". Den werden wir künftig nach hinten schieben. Darum habe ich mir gedacht: Es braucht eine neue Anfangshymne. Die Anlehnung an meine alte Idolband, die mich wirklich seit Kindheitstagen begleitet, ist natürlich kein Zufall.
musikmarkt: Dann sehen wir uns später auf dem AC/DC-Konzert im Olympiastadion?
Andreas Gabalier: Ja, sicher! Der Promo-Tag wird abgebrochen um 19 Uhr (lacht).
musikmarkt: Der Sound auf "Mountain Man" wirkt etwas schlanker als beim Nashville-Album "Home Sweet Home".
Andreas Gabalier: Es ist nicht ganz so deftig. Es ist insgesamt ein bisschen beschwingter, fröhlicher. Ich habe immer von CD zu CD versucht, eine bestimmte Farbe reinzubringen. Das ist vielleicht auch das Erfolgsrezept. Das erste Album war sehr bodenständig, das zweite fast etwas schlageresk, das dritte dann wieder kerniger und "Home Sweet Home" im Nashville-Stil dann internationaler. Jetzt hatte ich das Bedürfnis, wieder etwas daheim zu produzieren, auch aus Zeitgründen – und aus Heimweh (lacht).
musikmarkt: Es gab einen großen Aufreger wegen des Covers.
Andreas Gabalier: Ja, das polarisiert, mit den Turteln (Brüste, Anm. d. Red.) im Hintergrund. Das war der Sinn. Und das ist mehr als nur gelungen seit dem Echo. Die Leute zerbrechen sich den Kopf, ob gut oder schlecht. Mir ist das egal. Die Vorbestellungen waren einfach genial. Ich bin gespannt auf den Chartseinstieg (Platz eins in Deutschland, Anm. d. Red.).
musikmarkt: Bei Markus Lanz sagtest du, die Steirische Harmonika hätte dir in der schweren Zeit nach dem Tod deines Vaters sehr geholfen. Auf dem neuen Album ist sie nur noch vereinzelt zu hören. Willst du raus aus der volkstümlichen Ecke?
Andreas Gabalier: Nein, das hat damit nichts zu tun. Es hat sich beim Songschreiben eben so ergeben. Manchmal hat es von der Tonart nicht gepasst, außerdem wollte ich manche Songs nicht bewusst in einen volkstümlichen Kitsch bringen. Bei "A Meinung haben", "Das kleine Haus" und "Edelweiß" passt die Steirische sehr gut rein, verleiht den Liedern eine klassische, schöne Farbe. Bei anderen wie "Verliebt, verliebt" oder "We Salute You" habe ich sie einfach nicht so gesehen.
musikmarkt: Es kommen auch ganz neue musikalische Facetten von dir zum Vorschein. "Hulapalu" ist beispielsweise elektronisch angehaucht und bei "Seezeit" wird's richtig funky. Kommt da der Pharrell Williams statt der Jerry Lee Lewis in dir raus?
Andreas Gabalier: (lacht) Ein bisserl schon, wir bleiben aucht nicht stehen, man geht schließlich mit der Zeit. Mein Produzent Mathias Roska hat mir diesen Vorschlag gemacht, das so umzusetzen und das gefiel mir sehr gut. "Hulapalu" ist mit diesem DJ-Feeling natürlich sehr zeitgemäß. Das hatten wir schon einmal bei "Go For Gold", meinem einzigen Nummer-eins-Hit bisher. Und deshalb passt das jetzt auch wieder ganz gut, vielleicht auch für die kommende Ski-Saison. Das hat einfach Bumms.
musikmarkt: Du sprachst gerade eben schon den Song "A Meinung haben an". Zuerst denkt man: Kampfansage an die Kritiker. Aber so ist es gar nicht.
Andreas Gabalier: Nein, es richtet sich kritisch an diejenigen, die immer mit der Masse mitschwimmen. Und es soll natürlich eine Bestärkung für die sein, die noch zwei Eier in der Hose haben und es sich noch trauen, öffentlich zu sagen, was sie sich denken, anstatt mit einem Strom mitzugehen, der ihnen eigentlich nicht gefällt, aus Angst um ihr Image, nur um einer Aufregung zu entgehen. Davon gibt es nicht mehr viele.
musikmarkt: In letzter Zeit gab es sehr viel Kritik. Wie sieht es da mit deinem Umfeld aus, Freunde und Familie? Herrscht da uneingeschränkte Einigkeit oder musst du dir auch mal anhören: "Mensch Andy, lass mal gut sein"?
Andreas Gabalier: Nein, das ist zuweilen eigentlich recht einstimmig. Auch wenn ich ins Land fahre: Mich reden so viele Leute an. Letzte Woche bin ich beim AC/DC-Konzert in Spielberg mitten in die Masse rein mit meinen Krücken. Das waren sicherlich nicht nur Fans. Aber man hört nur Positives à la: "Deine Musik ist zwar nicht meins, aber ich find's geil dass du einer bist, der sich da hinstellt und mal den Mund aufmacht." Und das reicht vom AC/DC-Konzert über die Hotelrezeption bis hin zur Tankstelle. Es wird einfach so viel vorgegaukelt, was viele gar nicht wollen. Und ich sag jetzt auch nichts Unmögliches.
musikmarkt: Und du nimmst es in Kauf, dass dann die Medien mehr interessiert, was du beim Amadeus sagst oder welchen Text du bei der Formel eins singst, als deine Musik?
Andreas Gabalier: Das ist klar. Was wir machen, ist irgendwann für die Medien nicht mehr so interessant gewesen. Wenn's immer nur nach oben geht, warten die irgendwann ja eigentlich nur noch darauf, auf irgendwelche Frauenexzesse, Drogenexzesse, Spielsüchte oder sonst was – was aber alles nicht da ist. Ich sauf gerne ein paar Bier, das sage ich von Anfang an, ich habe nie etwas anderes behauptet, aber es reicht eben nicht, mir ein Alkoholproblem anzuhängen. Nach fünf Jahren, wo man nur gelesen hat, wie toll alles ist, war es für viele natürlich ein gefundenes Fressen, dass man aus der Bundeshymne-Debatte einen Skandal strickt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis irgendjemand endlich auch mal was Negatives findet. Es ist außerdem schön zu sehen, dass so österreichische Streitpunkte in Deutschland entweder belächelt oder gar nicht erst wahrgenommen werden.
musikmarkt: Aprospos: Wie sieht denn dein Verhältnis zu Deutschland aus?
Andreas Gabalier: Hier fühle ich mich sehr gut aufgehoben und total wohl.
musikmarkt: Für 2016 hast du dir einiges vorgenommen: Das Olympiastadion soll gefüllt werden. Wieso ausgerechnet München? Wieso nicht in Österreich?
Andreas Gabalier: Das war bisher immer der stärkste Boden. In München waren die Hallen immer als erstes ausverkauft. Und das Konzert am Königsplatz vor 25.000 Fans war mein bis dato größtes. Auch für mich unvergesslich, die Stimmung mit den alten, imposanten Bauwerken drum herum, die die Leute einkesseln. Ein unglaubliches Erlebnis. Das war auch fünf Monate im Voraus ausverkauft. Dann hat der Veranstalter gesagt, nachdem das kommende Konzert im November in der Olympiahalle ein Jahr vorher ausverkauft war und wir kein passendes Zusatzkonzert bekommen haben: Was machen wir jetzt mit München? Wagen wir diesen Schritt ins Stadion? Der Vorverkauf ist gewaltig. Und wir haben noch ein Jahr Zeit.
musikmarkt: Vielleicht auch noch mal ein höheres Ziel?
Andreas Gabalier: Auf jeden Fall. Es ist noch mal eine Vision. Nach dem Zurücklehnen und Genießen – was übrigens nichts mit Faulsein zu tun hatte – da ist man schon sehr erfolgsverwöhnt. Deshalb ist das für mich natürlich ein ganz besonderer Ansporn. Da habe ich jetzt schon weiche Knie. Wenn da "nur" 30.000 Leute kommen, dann heißt es, da war nix los (lacht).
musikmarkt: Erfolgsverwöhnt müsstest du mittlerweile auch sein, was deine Albumverkäufe angeht. Du hast schon jede Menge Edelmetall und Nummer-eins-Platzierungen vorzuweisen. Macht man sich als Künstler überhaupt noch große Gedanken über die Charts, in einer Zeit, in der der Live-Sektor wieder wichtiger geworden ist?
Andreas Gabalier: Klar, Live-Auftritte und das Feedback vom Publikum sind für mich die einzig wirkliche Bestätigung. Trotzdem freue ich mich natürlich, gerade zur heutigen Zeit, dass so viele meiner Alben auch noch physisch gekauft werden. Auf der einen Seite heißt es, die Alten kennen keine Downloads, und dann kommen aber die Teenies mit den CDs daher. Es ist wieder weit mehr als nur Musik, es ist wieder ein Lebensgefühl geworden, Musik in der Hand zu halten. Insofern würde es mich natürlich schon freuen, wenn uns ein toller Chartseinstieg gelingen würde. Vor allem vor dem Hintergund der ganzen Kritik in letzter Zeit, wäre es auch eine Genugtuung. Aber es sieht ganz gut aus.
musikmarkt: Wenn wir über physische Verkäufe reden, müssen wir auch auf der anderen Seite Streaming ansprechen. Was hältst du von dem Format und was springt für dich als Künstler dabei heraus?
Andreas Gabalier: Ich kann schlecht einschätzen, wen von meinen Fans das Thema wirklich juckt. Aber wirtschaftlich ist das eine Frechheit, da braucht man sich nichts schön reden. Es ist zwar aufs Plakat aufgedruckt: "Auch als Stream". In meinen Augen ist das für nichts. Für 100.000 Streams gibt's sieben Euro, die darfst du noch teilen und versteuern. Dann bleibt dir ein Euro übrig, das ist ja lächerlich. Und das allen Ernstes noch zu promoten als Plattenfirma, ist eine Frechheit. So sag' ich es ihnen auch. Das hat mit Künstlerunterstützung gar nichts zu tun. Das schadet dir nur. Das ist sozusagen der offizielle Schwarzdownload. Da fühlt man sich als Künstler verarscht.
Autor: Michael Nützel
Quelle: Musikmarkt - 22.05.2015
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